Zum Holocaust-Gedenktag ein Film über die Gmünder Synagoge
Die Schüler Arne Bersch und Julius Riechert zeigen ihren Film „Das verlorene Haus Gottes“
Mit zwei Filmen beging die Schulgemeinschaft des Scheffold-Gymnasiums den 27. Januar 2025. Jenen Tag, den 1996 der damalige Bundespräsident Roman Herzog zum „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“ ins Leben gerufen hatte. Verbunden mit dem Ziel, dass es gegenüber Menschen, die den rassistischen Kategorien der Nationalsozialisten zum Opfer fielen, nie mehr zu so einem Unrecht kommen sollte wie in den Jahren 1939-1945.
Diente die Dokumentation über den Brand der Synagogen in der Reichspogromnacht dazu, den Schülerinnen und Schülern bewusst zu machen, wie an einem Tag über 1400 Synagogen deutschlandweit zerstört und somit sichtbare jüdische Kultur vernichtet wurde, so zeigte der Film der Scheffold-Abiturienten, wie diese Kultur wieder sichtbar gemacht werden kann.
Arne Bersch und Julius Riechert ist mit „Das verlorene Haus Gottes“ ein kleines Juwel innerhalb der vielen Dokumentarfilme zu Synagogen gelungen. Der als Abschlussarbeit für den Seminarkurs „Israel“ (am Scheffold innerhalb des SCORA-Projektes im vergangenen Schuljahr angeboten) konzipierte Film erzählt eine Geschichte, die das Zeug zum echten Klassiker hat: Ein Gmünder Geschäftsmann kauft ein älteres Haus in der Stadt, um es zu renovieren. Da er von Architektur etwas versteht, fallen ihm schnell Ungereimtheiten auf – Türen und Decken, deren Proportionen Rätsel aufgeben, Wände, hinter denen sich eine Schicht nach der anderen freilegen lässt. So lange, bis typische jüdische Spuren wie Wandmalereien, eine Thora-Nische oder Treppen mit hebräischer Inschrift zur Geltung kommen. Damit hat Gmünd seine Sensation – neben Erfurt die einzig in Deutschland erhaltene Synagoge aus dem 13. Jh. – und die beiden Schüler ihren Plot. Diesen erzählen sie behutsam, führen den Zuschauer in das fast vergessene Gebäude, zeigen den Keller mit den Gebetssteinen, zeichnen mithilfe von Computeranimation das Aussehen der früheren Synagoge nach und lassen Stadtarchivar, Gmünderinnen und Gmünder sowie Bürgermeister Christian Baron zu Wort kommen. Letzterer ließ es sich nicht nehmen, bei der Premiere am Scheffold-Gymnasium anwesend zu sein. Und erinnert in seiner Rede nicht nur an die Verantwortung, die für alle Nachfahren aus der Geschichte erwachse, sondern auch an die Zeit vor dem III. Reich, in der es jüdisches Leben in Schwäbisch Gmünd gegeben und die Menschen friedlich zusammengelebt hätten. Der Dokumentarfilm der Abiturienten entstand als Beitrag zum Filmwettbewerb „Jüdisches Leben heute“ der KulturRegion Stuttgart, der Schüler zu filmischen Beiträgen über vergangenes und aktuelles jüdisches Leben in der Region Stuttgart anspornte.
Der Beitrag „Das verlorene Haus Gottes“ vermittelt eindrucksvoll den jugendlichen Zuschauern, dass jüdische Kultur wieder zum Leben erweckt werden kann.
„Wir können die Wunden nicht heilen“, glaubt Schulleiter Bernd Gockel, „aber Julius und Arne haben mit ihrem Film ein Fenster geöffnet, um eine andere jüdische Geschichte wieder zu entdecken.“ Für ihn ist es wichtig, in der Schule ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Menschenwürde, Friede und Freiheit Werte sind, für die es sich einzustehen lohnt. „Die Schülerinnen und Schüler sollen am Holocaust-Gedenktag nicht mit einem Schuldkomplex nach Hause gehen, sondern begreifen, dass wir alle Teil einer gleichen Geschichte sind, aber nicht die gleichen Geschichten haben.“