Skurril, witzig und voller Slapstick-Komik

Das Scheffold-Gymnasium und das Tanzzentrum KULTURwerk begeistern im Stadtgarten mit dem Musical „Der kleine Horrorladen“

Ein mutiges Unterfangen der Musikfachschaft des Scheffold-Gymnasiums und der Chefin des Tanzzentrums, Annette Scheuvens, sich einen etwas durchgeknallten Kult-Klassiker wie „Der kleine Horrorladen“ als gemeinsames Musical-Projekt auszuwählen: Anspruchsvolle Soli, ein Bühnenbild, das allein durch Audrey II, die wachsende, fleischfressende Pflanze, große Herausforderungen birgt und Chor und Orchesterparts, die erst noch geschrieben werden müssen.

Wer die Vorstellungen vergangenen Freitag oder Samstag im Gmünder Stadtgarten besucht hat, weiß, dass sich der Mut gelohnt hat. Was dem Zuschauer hier geboten wurde, war weit über dem Niveau einer Schüleraufführung.

Wir befinden uns in New York, genauer gesagt in der Skid Road, im Blumenladen von Mr. Mushnik. Sowohl Blumenladen als auch Skid Road haben schon bessere Zeiten erlebt. Eindrucksvoll singen und performen die Streeties (Ronja-Mona Höhn, LaThisa Barlow, Laurin Michaelsen, Leah Seitzinger, Pia Maier, Malin Weinheimer) diese abgelebte Straßenromantik, sie haben den Überblick, der dem leicht verpeilten Hobby-Botaniker Seymour (Fabio Proksch, Michael Fohmann), fehlt. Sein Pedant ist Mr. Mushnik (Moritz Kälin), Blumenladenbesitzer und Geschäftsmann, der, als sein Laden schon kurz vor dem Dichtmachen steht, dank Seymours Zuchtkreation zu unverhofftem Reichtum kommt. Audrey II (Sarah Magg, Annika Aßmann), wie sie Seymour in stiller Verehrung für Audrey I (Arya Seitzinger, Vivienne Kinn), getauft hat, entwickelt im Laufe der Handlung ein skurriles Eigenleben: Spätestens in dem von Solisten und Chor selbstbewusst dahingeschmetterten „Feed me“ wird dem Zuschauer klar, dass die fleischfressende Pflanze nicht anderes anstrebt, als die Menschheit zu verschlingen. Klingt nach viel schwarzem Humor – und ist es auch. Vor allem ist es aber ein großer Spaß, der von den Schülerinnen und Schülern mit viel Witz und Slapstick-Komik umgesetzt wird. Wenn Lukas Gross als sadistischer Zahnarzt Dr. Scrivello seinen „Zahnarzt-Song“ ins Publikum schleudert, wenn Moritz Kälin als geldgieriger Mr. Mushnik in „Mushnik und Sohn“ und Seymour in einem Duett überzeugen oder Audrey „Im Grünen irgendwo“ von einem biederen Leben träumt, dann sind das Momente zwischen schwarzem Humor und Gänsehaut, in denen die einzelnen Solisten stimmlich zu erstaunlicher Musicalform auflaufen.

Einzelne Songs wie „Wir müssen renovieren“ werden durch Tanzeinlagen des KULTURWERKs aufgepeppt, hier beweist Regisseurin Annette Scheuvens ein sensibles Gespür, da die Tänze punktgenau zu Musik und Dialoge passen.

Es ist nicht nur die hervorragende Gesamtleistung der Solisten, die intonations- und textsicher dieses zweieinhalbstündige Stück mit großer Präsenz und Komik füllen, sondern der Gesamteindruck, der diese Schüleraufführung zu einem intensiven Musical-Erlebnis macht. Der Schulchor des Scheffold-Gymnasiums (Leitung: Kilian Baur, Manuela Essig) sorgt mit seiner Dynamik schon im Eingangssong „Kleiner Horrorladen“ für gute Laune.

Orchester (Diana Magg) und Big-Band des Scheffold-Gymnasiums (Valentin Sachsenmaier)  spielen sanfte Rockballaden ebenso sicher wie rhythmisch anspruchsvolle Jazzsongs und bringen im Orchestergraben tüchtigen Schwung in die Aufführung hinein.

Das Bühnenbild (Angelika Schleicher) zeugt von großer Kreativität, vor allem die omnipräsente und stetig wachsende Audrey II sorgt für ungläubige Lacher beim Publikum.

Die Bühne des Stadtgartens reichte beim begeisterten Schlussapplaus kaum für alle Beteiligten aus und es ist beeindruckend zu sehen, wie viele Schülerinnen und Schüler sich für dieses Musical engagiert haben. Neben den Schulalltag mit vielen Klassenarbeiten, Abitur und Klausuren eine solche Leistung auf die Bühne zu bringen, zeugt nicht nur von großer Disziplin, sondern auch von Begeisterung und Willen, ein solch großartiges Projekt gemeinsam zu realisieren.

Ein Happy-Ending für Seymour und Audrey gibt es nicht, trotzdem verlässt man mit „Jetzt hast du Seymour“ im Ohr und einem grandiosen „Finale“ vor den Augen beschwingt den Gmünder Stadtgarten.

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