Pilotprojekt Scora startet am Scheffold

15 Partnerschulen für Israel-Austausch in Baden-Württemberg

„Heute sagen wir offiziell ‚ja‘ zu dieser wundervollen und wichtigen Partnerschaft!“. Mit diesen Worten eröffnete Claudia Rugart, Schulpräsidentin des Regierungsbezirk Stuttgart, den Festakt in Esslingen, eine Feier für 15 Schulen aus dem Raum Stuttgart bis Ostalb und ihre israelischen Partnerschulen. Die beiden Lehrerinnen am Scheffold, Julia Helming und Michelle Michaux, die den Seminarkurs zum Thema „Fernes Land, fremde Kultur – Israel entdecken“, für die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangstufe Eins leiten, nahmen daran ebenso teil wie der stellvertretende Schulleiter Severin Feigl. In der zeremoniellen Unterzeichnung eines „Memorandum of Understanding“ bekräftigten sie die Bindung an ihre Partnerschulen in Israel, deren Vertreter für diesen Abend extra aus Israel angereist waren.

„Heute unterzeichnen, nein, heute vermählen wir nach längerer Verlobung unsere Schulen und freuen uns auf unsere gemeinsame Zeit!“, so Claudia Rugart weiter. Sie ist die Initiatorin des Austauschprogrammes SCORA (Schools opposing Rassism and Antisemitism), den das Land Baden-Württemberg ins Leben gerufen hat. Rugarts Ziel: Ein Netzwerk aus deutschen und israelischen Schulen aufzubauen, die im gegenseitigen Austausch eine gemeinsame Zukunft schaffen. Dass die Verlobungszeit länger als geplant dauerte, hing mit Corona zusammen: seit drei Jahren planten, warteten und hofften die beteiligten Schulen des SCORA-Projekts, dass ihre Partnerschaften Früchte tragen, Schülerinnen und Schüler beider Länder und Kulturen sich besuchen und austauschen können und seit drei Jahren hatte Corona mit ihnen – wie auch dem Rest der Welt – andere Pläne.

Umso mehr freut man sich am Scheffold-Gymnasium auf den ersten Besuch in Israel, der für Mai 2023 geplant ist. Die Aljoodan Highschool, die Partnerschule des Scheffold Gymnasiums, ist ein drusisches Gymnasium in Kisra-Samia im nördlichen Galilää und zeigt zusammen mit weiteren arabischsprechenden Highschools die Vielfalt Israels, in dem ein Großteil der Bevölkerung jüdisch ist. Nazeer, der Rektor der Aljoodan High, Sohad, eine Lehrerin sowie ihre Schüler sind wahre Sprachtalente – sie sprechen ihr örtliches arabisch, formales Arabisch, Hebräisch und Englisch. „Es war ergreifend, den Schulleiter und auch einige Lehrer persönlich kennen zu lernen“, erklärt Michelle Michaux. Ihr sei vor allem klar geworden, wie wichtig die Familie in Israel sei: „Schon in den ersten Minuten der Begegnung mit unseren israelischen Gästen. Wenn man sich vorstellt, dann gehören zum Namen auch die Anzahl der Geschwister, Kinder und Enkel.“ Und so war es ganz natürlich, dass Sohad ein Selfie zeigte, das sie von ihrer Familie bekommen hat. „Gestern habe ich noch den ganzen Tag Oliven geerntet, es ist viel Arbeit. Und morgen hat mein Sohn eine große Ehrenfeier, er ist beim Militär. Aber ich weiß, dass das hier wichtig ist, also bin ich hier.“

Nicht nur internationale Gäste und hochrangige Besucher aus der Region, wie Regierungspräsidentin Susanne Bay, Maron Steege aus dem Generalkonsulat des Staates Israel oder Christian Baron, erster Bürgermeister von Schwäbisch Gmünd, waren zu diesem Festakt geladen. Auch die Rektoren und projektverantwortlichen Lehrkräfte der deutschen und israelischen Partnerschulen, rund 30 an der Zahl. Sie alle haben ein gemeinsames Ziel: ein aktuelles und vielschichtiges Bild von Israel zu vermitteln.

„Wir alle tragen ein Biest in uns“, sagte Giora Saltz, Leiter des Regionalrates Obergaliläa bei seiner imposanten Rede anlässlich des Festaktes, in der er die schrecklichen Auswirkungen der Kristallnacht und des Holocaust auf seine Großmutter und seinen Vater erzählt, die aus Deutschland flohen. „Dieses Biest schläft in uns allen und kann jederzeit erwachen.“

Nach schlimmen Erlebnissen sich nicht abgrenzen, sondern seine Kraft nutzen und offen kommunizieren, gemeinsam die Dunkelheit überkommen, so Saltz, das sei die Lehre und Motivation, die er aus seiner Familiengeschichte ziehe. „Meine Großmutter, mein Vater, sie überlebten und sie beschlossen, ihr Leben nicht mit Hass zu füllen. Meine Familie, ihre Geschichten, sie sind meine Inspiration für die Zukunft.“

Für Michelle Michaux und Julia Helming ist es wichtig, dass ihre Schülerinnen und Schüler während des Seminarkurses viele unterschiedliche Inspirationen bekommen. So starteten sie schon im letzten Schuljahr mit einer Projektwoche, in dem unter anderem das Haus der Geschichte in Stuttgart besucht wurde, die israelische Kampfsportart Krav Maga mithilfe eines professionellen Trainers erprobt oder auch einfach gemeinsam israelische Gerichte gekocht wurden. „Der Seminarkurs zeichnet sich durch viel Praxisnähe aus“ erklären die beiden Lehrerinnen. In der kommenden Woche findet ein ganztägiger Bildungsworkshop zur Politik und Geschichte am Scheffold-Gymnasium statt, den das mideast freedom forum aus Berlin gestaltet. Der aus Israel stammende Rapper Ben Salomo wird Ende November die Schülerinnen und Schüler musikalisch unterhalten und auch ein Zeitzeugengespräch ist in Planung. Damit soll der Grundstein für den Austausch im nächsten Jahr gelegt werden. „Wir alle sollten verhindern, dass so ein „Biest“ eine Chance bekommen kann“, nimmt Michelle Michaux Bezug zu der Rede von Giora Saltz. „Denn gegenseitiges Verständnis kann nur entstehen, wenn man miteinander redet“, ist sie sich sicher.

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